Bisher verwendete glottographische Verfahren dienen im Wesentlichen der Beurteilung der oberflächlichen Stimmlippenschleimhaut. Bisher wird routinemäßig kein Verfahren angewendet, welches als optisches Diagnostikum Informationen zur feingeweblichen Struktur der Stimmlippe unter der Schleimhautoberfläche liefert. Die optische Kohärenztomographie (OCT) ist ein relativ neues, nicht invasives, bildgebendes Verfahren, welches Schichtbilder der humanen Stimmlippe mit Auflösung im Mikrometerbereich liefert. Die Messung basiert auf einer Abtastung des Gewebes durch einen schwachen Laserstrahl, der an unterschiedlich dichten Gewebestrukturen reflektiert und anschließend detektiert wird. Da die Laserstrahlen in das Gewebe bis zu 2 mm eindringen, bietet sich der Einsatz der OCT bei der Stimmlippe an. Zunächst wurde die optische Kohärenztomographie im Tiermodell ex vivo an Schweinekehlköpfen untersucht. Im Ergebnis war in der OCT-Aufnahme eine Zuordnung einzelner Schichten der Stimmlippenschleimhaut entsprechend der histologischen Aufarbeitung des Präparates möglich. Die Methode wurde mit einem anderen Applikationssystem für die Untersuchung der menschlichen Stimmlippe in vivo genutzt. Auch die Ergebnisse dieses Kontaktverfahrens lieferten OCT-Bilder, die mit histologischen Bildern der menschlichen Stimmlippe vergleichbar waren. Indikation für den Einsatz der OCT in der Phoniatrie soll die nichtinvasive Darstellung von Gewebeschichten der Stimmlippe zur Beurteilung von Tiefenausdehnungen struktureller Veränderungen (Inflammation, Hyperkeratosen, Leukoplakien, Phonationsverdickungen, polypoide Schleimhautverdickungen, Ödeme, Granulome, Erosionen, Ulzerationen) sein. Erste In-vivo-Untersuchungen lieferten aussagekräftige Ergebnisse. Die OCT ist somit als potenziell additives Verfahren zur Laryngostroboskopie in der optischen Beurteilung von Stimmlippen in der täglichen Praxis zu bewerten.